Familien auf Zeit gesucht

Grit Gaida vom Pflege-Familien-Zentrum.
Grit Gaida vom Pflege-Familien-Zentrum. Foto: DOMUSIMAGES

In Rostock leben 180 Kinder in 150 Pflegefamilien. Das Pflege-Familien-Zentrum »Das Kind im Blick« begleitet diese Familien und solche, die es werden wollen. Warum weitere Pflegeeltern gebraucht werden, erklärt die Leiterin Grit Gaida.

 

Die Zahl der Kinder, die nicht bei ihren leiblichen, sondern bei Pflegeeltern leben, steigt. Warum?
»Die Gründe sind vielfältig. Manche Eltern haben in Überforderungssituationen keine familiäre Unterstützung, sind selbst sehr belastet. Das Jugendamt begleitet diese Familien und bietet Hilfestellungen, trotzdem kann es für ein Kind besser sein, zeitweise in einer Pflegefamilie unterzukommen. Darüber entscheiden das Amt und die Eltern gemeinsam. In Krisensituationen kann es sehr schnell gehen. Ein klassischer Fall: Bekannte rufen bei der Kinderschutzhotline an, weil sie fürchten, dass Kinder vernachlässigt werden oder in Gefahr sind. Bestätigt sich der Verdacht, werden die Kinder vom Jugendamt sofort in Obhut genommen. Sie kommen in Wohngruppen oder im Heim unter – oder bei Bereitschaftspflegeeltern. Gerade kleine Kinder und Babys brauchen familiären Anschluss.«

Wie unterscheidet sich Bereitschaftspflege von der normalen Pflegefamilie?
»Es handelt sich um Notfälle, das heißt: Jederzeit kann ein Anruf vom Jugendamt kommen. Bereitschaftspflegeeltern müssen sich Tag und Nacht bereithalten, ein Kind aufzunehmen. Diese Kinder haben oft eine enge durchgemacht. Sie brauchen Aufmerksamkeit und Geduld, ein stabiles Umfeld. Dazu kommen zahlreiche Termine bei Ärzten, beim Jugendamt, Umgangskontakte mit den leiblichen Eltern. All dies lässt sich nicht mit einer regulären Arbeit verbinden. Bereitschaftspflegemütter oder -väter schließen eine Vereinbarung mit dem Jugendamt und bekommen eine monatliche Vergütung. Die sichert ihren Lebensunterhalt, damit sie die nötige Flexibilität für die Betreuung haben. Noch ein wichtiger Unterschied zur klassischen Pflegefamilie: In der Bereitschaftspflege kommt ein Kind nur vorübergehend unter, maximal wenige Monate.«

Gibt es genügend Bereitschaftspflegeeltern in Rostock?     
»Vier Plätze haben wir in Rostock. Das reicht nicht. Wir suchen dringend weitere Familien oder Einzelpersonen, die diese Rolle übernehmen wollen.«

Welche Voraussetzungen sollten Bereitschaftspflegeeltern mitbringen? Und wie ist der Werdegang?
»Man braucht eine große emotionale Stärke und Empathie. Es gibt weder Altersgrenzen noch familiäre Voraussetzungen. Auch Alleinstehende können Pflegekinder aufnehmen. Ideal sind ein pädagogischer oder pflegerischer beruflicher Hintergrund. Ein erstes Bild können sich Interessenten bei unserem Infoabend machen. Wer den Weg gehen will, belegt unseren Vorbereitungskurs für Pflegeeltern. Außerdem führen wir intensive Gespräche und besuchen Anwärter zu Hause. Auch die Partner und eigenen Kinder sollten der Situation gewachsen sein. Die Aufnahme eines Pflegekindes darf nicht dazu führen, dass die Familie selbst nicht mehr stabil ist und durch die hohen Anforderungen leidet.«

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