Hoch hinaus

Holger Feist
Foto: Jens Scholz

Da läuft anderen schon beim Lesen der Schweiß: 404 Treppenstufen – ohne Pause und mit 18 Kilo Sand auf dem Rücken. Das Ganze zwölf Mal nacheinander. Holger Feist schafft das ziemlich locker. Der Doktor der Chemie hat ein Ziel: den Khan Tengri, einen 7.000er in Kirgistan. Für seine Bergexpedition im August trainiert der 56-Jährige im höchsten Treppenhaus von MV, im WIRO-Hochhaus in der August-Bebel-Straße 36.

Der sportliche Rostocker stand schon auf Gipfeln in Bolivien, Nepal und Pakistan. Er hat Gletscher bezwungen, bei 25 Minusgraden im Zelt übernachtet und auch mal kurz vorm Ziel kehrtmachen müssen, weil es körperlich nicht mehr ging. »Man kommt in Grenzbereiche, wenn man in 5.500 Metern mit der Hälfte des normalen Sauerstoffs auskommen muss.« Jeder Schritt kostet dreimal so viel Kraft. »Auf diese Belastung muss man sich körperlich gut vorbereiten.«

Joggen, Rennrad fahren, Schwimmen. Vor ein paar Monaten, da blickte Holger Feist aus seinem Wohnzimmerfenster auf das WIRO-Hochhaus in der Innenstadt, hatte er die Idee: »Das Treppenhaus ist perfekt, um die Kondition für den Aufstieg zu trainieren.« Er hat beim Wohnungsunternehmen nachgefragt – und kommt seitdem zweimal pro Woche nach Feierabend. »Toll, dass die WIRO mir die Erlaubnis gegeben hat.«

Hoch geht’s zu Fuß, runter meist im Aufzug. Bis zur Abreise Ende Juli will er die Sandlast in seinem Rucksack noch erhöhen. »Beim Bergsteigen hat man ja auch immer was auf dem Rücken: Zelt, Schlafsack, Gaskocher.«

Vier Wochen dauert die geführte Expedition auf den Gipfel vom Khan Tengri und zurück. Erst geht’s fünf Tage zu Fuß über den Inyltschek- und den Komsomolskij-Gletscher, bis zum Basislager in 4.100 Metern Höhe. Von dort ziehen die Bergsteiger weiter in Schnee und Eis, mit Steigeisen, Eispickel und gesichert am Seil. Auf dem Weg zum Gipfel übernachten sie in drei Hochlagern. Nach schätzungsweise drei Wochen, wenn das Wetter mitspielt und die Gesundheit auch, ist die Expedition am Ziel: »Oben zu stehen, auf dem höchsten Punkt eines Berges, ist ein tolles Gefühl.« Und wenn es nicht klappt? Dann geht das Leben auch weiter, sagt Holger Feist. »Bei so einer Tour kann immer etwas Unerwartetes passieren – und Sicherheit geht vor.« Der Aufstieg lohnt die Strapazen allemal. »Die Landschaft ist einmalig.« Wenn er Glück hat, sieht er unterwegs Schneeleoparden und Murmeltiere.