Unterwegs im grünen Herzen Rostocks

Ein Junge vor Schneeglöckchen im Barnsdorfer Wald.
Foto: DOMUSIMAGES

Barnstorfer Wald, ein diesiger Nachmittag im April. Es ist still und ziemlich grau. Aber der Frühling liegt schon in der Luft. Bald kommt wieder Leben in den »Barni«, wie Rostocker das grüne Herz der Stadt liebevoll nennen.

Der Barnstorfer Wald ist gar kein Wald, wenn man es genau nimmt. »Den Teil neben dem historischen Zoo betrachten wir wie einen Park«, erklärt Christian Fietkau vom Rostocker Amt für Stadtgrün, Naturschutz und Friedhofswesen. Allerdings nicht wie einen etepetete gepflegten Stadtpark. Efeu darf wuchern und wild ausgesäte Bäumchen dürfen wachsen, wo sie wollen. Sogar tote Buchen bleiben manchmal viele Jahre stehen, bis sie gefällt werden. Hier ist es nämlich so, erklärt sein Kollege, Baumkontrolleur David Schröder: Jedes Ding hat seinen Platz und seine Aufgabe. Faulige Astlöcher bieten Käfern und anderen Insekten Unterschlupf. Im Efeudickicht können Vögel unbemerkt brüten.

Sogar totes Holz ist nützlich
Erst nisten sich Kleintiere oder Fledermäuse ein, später zerfällt es zu Humus und nährt junge Pflanzen. »Es ist ein Kreislauf mit einem ständigen Vergehen und Entstehen.« Weil der Barnstorfer Wald auch ein beliebter Treffpunkt für Menschen ist, können David Schröder, Christian Fietkau und ihre Kollegen vom »Team Stadtbäume« ihn nicht ganz der Natur überlassen. »Wir sorgen für die Verkehrssicherheit, damit niemand gefährdet wird.« Schröder ist für den Bereich zwischen »Trotzenburg« und »Klock 8« verantwortlich, Fietkau für den wilderen Teil von Rennbahnallee bis Westfriedhof. Einmal im Jahr inspizieren sie jeden Baum, ziehen im Zweifel Gutachter zu Rate. Wonach sie Ausschau halten: tote Äste, Schädlinge, ausgehölte und instabile Baumstämme. Dass da am Ende einiges zusammenkommt, kann man an den bunten Farbklecksen auf vielen Baumstämmen sehen – das sind Markierungen für die Baumpfleger und Waldarbeiter. Erst vor ein paar Jahren mussten, es gab keine Rettung, 20 alte Eichen hinter dem Verkehrsgarten gefällt werden. Stämme und Wurzeln waren zerfressen von Pilzen.

Wald tut gut
Spaziergänger, Jogger, Fahrradfahrer und Hundebesitzer bekommen davon nicht viel mit. Sie freuen sich über Ruhe und gute Luft, genießen die ätherischen Öle des Waldes und beobachten Eichhörnchen. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass sich nach einem fünfzehnminütigen Waldspaziergang unser Herzschlag normalisiert, der Blutdruck sinkt, sich die Lungen weiten. Andere picknicken oder sonnen sich auf dem Kastanienplatz, spielen Discgolf oder feiern Kindergeburtstag auf einem der Spielplätze. Für wagemutige Rostocker gibt es die Skateranlage beim Platz der Jugend und auch auf dem Parcour für Mountanbike- und BMX-Fahrer neben der Gasstation ist meistens was los. Ganz neu: Am ehemaligen Werferplatz hat das Amt für Stadtgrün eine Obstwiese angelegt, sie ist Teil der »Essbaren Stadt«. Unter anderem wachsen hier Brombeeren, Himbeeren, Mirabellen und Esskastanien.

Gut fürs Stadtklima
Der »Barni« ist nicht nur ein perfektes Erholungsgebiet. Buchen, Eichen, Linden, Ahorn, die ältesten über 100 Jahre alt, filtern Feinstaub und Ruß aus der Luft. Sie verbrauchen bei der Fotosynthese Kohlendioxid und produzieren dabei Sauerstoff. Bäume spenden Schatten und Abkühlung. Tatsächlich sind sie in der Lage, die Temperatur der Umgebung vor allem in den heißen Sommermonaten zu regulieren, erklärt Christian Fietkau. »Sie wirken in Städten wie eine kühlende Insel positiv auf das Stadtklima.« Das gilt übrigens für alle Bäume, auch an Straßenrändern und auf Grünflächen. Rostock ist da sehr gut aufgestellt, sagt der Baumexperte, gehört zu den deutschen Städten mit den meisten Straßenbäumen pro Einwohner. Auf acht Rostocker kommt ein Straßenbaum. Zählt man Bäume an Straßen, auf öffentlichen Grünflächen und in Parks zusammen, kommt Rostock auf 107.408 Bäume. Und das sind längst nicht alle, denn nichtstädtische Flächen und Wälder sind nicht mitberechnet.

Baumpaten gesucht
Trockenheit und Hitze setzen den Rostocker Bäumen immer mehr zu. Sie werden anfällig für Schädlinge und Krankheiten, werfen in der Folge zu früh Blätter ab. Jeder Rostocker kann die Sauerstoffspender unterstützen: mit einer Baumpatenschaft. Das bedeutet: Der Pate oder die Patin wässert den Baum bei Trockenheit, hält die Baumscheibe von Unkraut frei und lockert die Erde. 89 Baumpaten für 109 Bäume gibt es schon.

Kontakt: Amt für Stadtgrün | Antje Schwarzer| 0381.3818540 (Di 9-18 Uhr / Do 9-16 Uhr) | Antje.schwarzer@rostock.de