Ein großes Haus

Warnowallee
Foto: Alexander Rudolph

Polenblock. Wohnscheibe. Stelzenhaus. So nennen die Rostocker die Warnowallee 6 bis 10. Das längste Hochhaus Rostocks ist kein normales Haus. Es steckt voller Geschichte und Neuanfänge.

Mieter der ersten Stunde
Zwei kleine Zimmer im »Polenblock«, mit Balkon und Zentralheizung. »Wie ein Hochzeitsgeschenk war das«, Diether Socolowsky lächelt beim Gedanken an den Einzug 1974. Seit 44 Jahren wohnen er und Ehefrau Karin mittendrin in Rostocks längstem Hochhaus. Einen Großbrand in der Nummer 10 haben sie erlebt, eine aufwändige Sanierung – wochenlang waren sie ohne Klo. Manche Erinnerung stimmt sie wehmütig, wie an das alte Kaufhaus »Magnet«. Vieles ist besser geworden: Die stinkigen Müllschlucker auf jeder Etage sind verschwunden, die neuen Balkone groß genug, um darauf Gurken und Paprika zu züchten. Manchmal werden der ehemalige Busfahrer und die Fotografin gefragt, warum sie nicht ausziehen. In eine größere Wohnung, ins Grüne. Dann sagt der 81-Jährige mit einem Augenzwinkern: »Ich wohne doch gerne in der chinesischen Mauer.«

Der Aufpasser
Harry Liptow sorgt dafür, dass die Mieter im Winter nicht ausrutschen, dass kein Müll rumliegt oder Werbung durch den Hausflur flattert. Seit 25 Jahren ist er Hausmeister für die Warnowallee, für 13 Etagen, sechs Eingänge und 15.500 Quadratmeter Grundstück. Fast zehn Jahre hat er in der Nummer 7 gewohnt, das war damals Bedingung für den Job. Er hat »sein« Haus mit der bunten Bewohnerschar ins Herz geschlossen. »Reibereien gibt es auch, aber die klären wir vernünftig.« Überhaupt hat er ein nettes Wort für jeden. Er hört zu und schleppt auch mal schwere Einkaufsbeutel für ältere Damen. Nächstes Jahr geht Harry Liptow in Rente. »Ich werde meine Mieter vermissen – und manche bestimmt auch mich.«

Die Sauberfrauen
Seit Linda Wulf denken kann, betreibt ihre Familie den Waschsalon mit Wäscherei in der Warnowallee. Jetzt startet sie mit Mutter Gabriele, seit 2010 führt sie die Geschäfte, neu durch: Die Wulf-Frauen haben den Salon umgekrempelt, von der LED-Beleuchtung bis zu den 7- bis 20-Kilo-Maschinen alles erneuert. Das Herzstück ist die Selbstbedienungs-Zentrale mit Touch-Bildschirm. Wer keine Lust hat auf Selberwaschen, kann seine Schmutzwäsche auch den Profis überlassen – sie holen und bringen sie sogar bis zur Wohnungstür.

Profi für PC und Dart
Ein Virus im System? Festplatte gelöscht? Holger Müllers Team hilft PC-Besitzern aus der Klemme. Smarthome-Technik und Alarmanlagen sind weitere Steckenpferde der Profis. Die Kundschaft kommt aus ganz MV – das liegt auch am zweiten Standbein: Holger Müller verkauft alles, was man zum Dartspielen braucht, Scheiben, Pfeile, Schutzringe, ungefähr 2.500 verschiedene Produkte insgesamt. Das Wurfspiel ist derzeit schwer angesagt – allein in der Rostocker Dartliga spielen 35 Mannschaften.

Neues zum Sitzen
Die erste Garnitur hat eine Mieterin aus dem Nebenaufgang gekauft. Ein perfekter Anfang, fand Annkathrin Winarski. Die sympathische Unternehmerin produziert Polstermöbel in Kühlungsborn, Ende 2017 hat sie den Laden in der Warnowallee eröffnet. »Ich wollte da sein, wo meine Kundschaft wohnt.« Sie verkauft klassische Polstermöbel für kleine Räume. »Die modernen Lümmelcouchen sind nicht jedermanns Sache.« Ihr Team produziert in Handarbeit. Unzählige Stoffe stehen zur Wahl, die Maße, Sitztiefe und Härtegrad können Kunden individuell festlegen.

Mehr zur Geschichte des Hauses auf: https://www.wiro.de/fileadmin/Dateien_neu/1_Kundenservice/5_WIRO_Aktuell/2018/WIRO_aktuell_Maerz_2018.pdf