Die Glocken sind wieder da
Ein Jahr war es weg. In diesen Tagen wird das Glockenspiel wieder ans Fünfgiebelhaus montiert. Das seltene Musikinstrument tönt demnächst, klangvoller denn je, über den Uni-Platz.
Sebastian Otto kennt sich aus mit Carillons. Der Glocken- und Uhrentechniker führt in der fünften Generation die Otto-Buer GmbH & Co. KG aus Neustadt. Hauptsächlich kümmert er sich um alte Kirchenglocken, aber auch etliche Carillons hat er schon restauriert. Im vergangenen Oktober hat sein Team das knapp 40 Jahre alte Glockenspiel am Universitätsplatz abgebaut, seitdem in der Firmenwerkstatt in Schleswig-Holstein überholt. Der Zeitpunkt war günstig: Die Gastroeinheiten im Erdgeschoss werden umgebaut, das Carillon hatte ohnehin Spielpause.
Für die nächsten 20 Jahre gerüstet
Das Besondere an dem Rostocker Glockenspiel: Es entspricht keiner Norm. Der Vater des Instruments, Glockengießer Peter Schilling aus Apolda, hat nur Unikate entworfen und gebaut. »Das ist nicht wie bei einem Klavier, wo sich jeder Musiker ransetzen und drauf losspielen kann.« Vor allem der hölzerne Spieltisch mit Stocken und Pedalen ist speziell. »Wir haben ihn in der Funktion aber nicht verändert, nur restauriert und aufgearbeitet.« Die Aufhängungen der Klöppel in den Glocken – im Laufe der Jahre waren hier Provisorien eingesetzt worden – haben die Handwerker ersetzt. »Sie halten nun locker für die nächsten 20 Jahre Wind und Wetter stand.« Weiterhin haben die Männer die Drähte zwischen Stocken und Klöppel ausgetauscht, die Balkenkonstruktion, an der die Glocken hängen, gereinigt und behandelt.
Knapp 50 Carillons gibt es in Deutschland
Die meisten sind in einem Turm untergebracht und fürs Publikum unsichtbar. Das Rostocker Instrument zählt mit 32 Bronzeglocken zwar zu den kleineren Exemplaren, aber: »sichtbare Glockenspiele an einer Häuserwand, wie in Rostock, gibt es nur wenige«, erklärt Spezialist Otto. Die Zuhörer können sehen, wie die Glocken schwingen – und wie Musiker Olaf Sandkuhl hinter einer Glasscheibe an seinem Spieltisch sitzt und mit den Fäusten auf die Stocken haut. »Das ist für die Stadt ein schöner touristischer Anziehungspunkt. Toll, dass die WIRO sich für den Erhalt einsetzt.«
Seit Mitte September werkeln die Techniker am Fünfgiebelhaus. Die Glocken sind fix aufgehängt. Ein paar Wochen wird’s trotzdem dauern, bis alle Drähte und Führungen montiert und die Federn eingestellt sind. Aber bis zu den Weihnachtskonzerten im Dezember ist das Carillon wieder einsatzbereit.